Die Tötung von Patienten sowie Lüge und Fälschung zur Verschleierung des Sachverhaltes sind keine seltenen Einzelfälle. Marburg ist überall in der Bundesrepublik mit jährlich 25 000 vermeidbaren Medizintoten. Diese Zahlen hat der Allgemeine Patienten-Verband aus Monographien über Kunstfehler ermittelt, da es kein bundesweites Kunstfehler-Register gibt und wurde prompt von den Ärztefunktionären wütend angegriffen. Dabei verstieg sich der frühere Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Fromm, sogar zu der Behauptung, daß es gar keine Kunstfehler - zumindest nicht mit tödlichem Ausgang - gäbe.
2005 folgte dann der Paukenschlag:
Ausgerechnet der Prof. Rothmund von der Universitätsklinik Marburg stellte auf dem Chirurgenkongreß fest, daß die Zahl der Medizintoten höher liegt als die Zahl der Verkehrstoten und die danach gegründete „Aktion Patientensicherheit“, an der auch die Ärztekammer mitwirkt, mußte einräumen, daß jährlich in der Bundesrepublik 17 000 vermeidbare Medizintote zu beklagen sind. Eine aktuelle Untersuchung der Krankenkassen kam auf 19 000 Medizintote. Langsam nähern sich die Zahlen unseren Angaben an.
Gegen die Behandlungsfehler regte sich an der Marburger Universitätsklinik auch ärztlicher Widerstand, der sich um den Oberarzt Prof. Hans Koch kristallisierte. Prof. Koch wurde nach Kritik an Ärztefehlern wegen angeblicher Störung des Betriebsfriedens fristlos entlassen. Er klagte dagegen und gewann durch alle Instanzen bis hoch zum Bundesarbeitsgericht, das letztinstanzlich und rechtskräftig die Rechtswidrigkeit der .Kündigung feststellte. Gleichwohl wurde er nicht wieder - wie vom Gericht verlangt - in seiner alten Position eingestellt, sondern unter Verstoß gegen das Urteil in einer abseits gelegenen Behandlungseinheit untergebracht.
Eine Vielzahl von Klinikchefs hatte sich an das Land Hessen mit der Drohung gewandt, daß bei einer Wiedereinstellung Prof. Kochs in seiner alten Position als Oberarzt die Patientenversorgung gefährdet sein würde. Diese Drohung war mit Offenkundigkeit abwegig und lächerlich. Die Patientenversorgung wird nicht durch Ärzte gefährdet, die Kunstfehler kritisieren. Die Chefärzte der Universitätskliniken fürchteten vielmehr, daß auch weitere nachgeordnete Ärzte „den Mund aufmachen würden“, wenn Prof. Koch seine alte Position wieder erhielte und daß dann das ganze Ausmaß der Medizinschäden bekannt würde.
Statt nun diese renitenten Chefärzte zu entlassen, beugte sich das Land Hessen dem Druck. Hier wird ersichtlich, wer hierzulande die Macht hat, rechtstaatliche Grundsätze durch die Verfahrensweisen einer „Bananenrepublik“ zu ersetzen. Gegen diese Verfahrensweise klagte Koch erneut und erhielt schließlich in einem jahrelangen weiteren Verfahren einen Schadensersatz in Höhe von rund 200 000.- € zugesprochen, den das Land Hessen aus Steuermittel bezahlte, statt Regreß gegen die Chefärzte zu nehmen.
Letztlich mußten also die Patienten als Steuerzahler somit das Fehlverhalten der Chefärzte begleichen. Allerdings lag es auch nicht im Interesse des Landes Hessen als staatlicher Träger der Kliniken, daß die in seinen Kliniken begangenen Straftaten gegen Patienten öffentlich bekannt wurden.
Damit hatten die Chefärzte ihr Ziel erreicht und ein Exempel statuiert. Die Botschaft war klar: jeder Arzt, der „den Mund aufmacht“, wird gefeuert und ruiniert seine Karriere selbst dann, wenn die Kündigung rechtswidrig ist, denn seine alte Position als Sprungbrett für eine Karriere wird er nie wieder erhalten. Im großen Rundumschlag wurden desweiteren mehrere von Prof. Kochs Freunden, die ebenfalls Mißstände kritisiert hatten, entlassen - z.T. durch Kündigungen, z.T. durch Nichtverlängerung von Verträgen. Danach herrschte wieder "Ruhe und Ordnung" und die Schädigungen und Tötungen von Patienten gingen weiter.
Es ist angesichts der hier dargelegten Tatsachen ein gefährlicher Irrtum, daß die Problematik ärztlicher Behandlungsfehler nur eine medizinische sei. Richtig ist vielmehr, daß erst die Komplizenschaft zwischen Medizin und Justiz das Problem in der vorliegenden Form entstehen läßt, weil die Justizfunktionäre - Staatsanwälte, aber auch Richter und nicht wenige Rechtsanwälte - dazu neigen, insbesondere im Strafverfahren Behandlungsfehler auf der Grundlage von offensichtlichen Gefälligkeits-Gutachten zu vertuschen, so daß die Häufigkeit der "Kunstfehler" mit 100 000 Medizinschäden und 25 000 Todesfällen pro Jahr in der Bundesrepublik der Öffentlichkeit weitgehend verborgen blieb. Dadurch fehlte früher weitgehend der erst in den letzten Jahren entstandene öffentliche Druck, die Mißstände unseres Medizinbetriebes durch die aufsichtsführenden politischen Instanzen zu beseitigen. Die zaghaften Versuche, durch das „Patientenrechte-Gesetz“ Abhilfe zu schaffen, ist bestenfalls ein kleiner zivilrechtlicher Schritt in die richtige Richtung.
Das Fehlverhalten der Juristen hat somit schwerwiegende und gefährliche gesundheitspolitische Konsequenzen. Da nur die Spitze des Eisberges von Patientenschädigungen und Patiententötungen bekannt wird, können die Ärztefunktionäre behaupten, daß unser Gesundheitswesen "das beste der Welt" sei und die Massenschäden unseres Medizinbetriebes als bedauerliche Einzelfälle verharmlosen. Die Justiz fungiert folglich durch ihr Fehlverhalten objektiv als parteiliche Institution zugunsten der Ärztefunktionäre und hält damit die unsäglichen Mißstände im Medizinbetrieb mit jährlich 25 000 Medizintoten aufrecht.
Das Fehlverhalten insbesondere der Staatsanwälte als weisungsgebundene Staatsfunktionäre ist einer der Gründe dafür, warum wir empfehlen, nur dann, wenn zivilrechtliche Ansprüche nicht im Vordergrund stehen und schreiendes Unrecht zu ahnden ist, die Staatsanwaltschaft - allerdings gleichzeitig mit einer entsprechenden systematischen Öffentlichkeitsarbeit - einzuschalten und ansonsten lieber gütliche Einigungen mit den Ärzten zu suchen bzw. ggf. ein Zivilverfahren einzuleiten, bei dem nicht ein Staatsfunktionär in Gestalt eines Staatsanwaltes sondern der Patient (bzw. dessen Angehörige) Herr des Verfahrens ist.
Stellen Sie sich folgendes vor: ein Straftäter könnte selbst darüber entscheiden, ob überhaupt Ermittlungen gegen ihn eingeleitet werden und - falls sie eingeleitet werden - wie sie dann geführt werden. Es liegt auf der Hand, daß dann kaum je ein Straftäter verurteilt würde. Der deutsche Staat befindet sich in dieser beneidenswerten Lage.
Die deutschen Staatsanwälte sind - im Gegensatz zu zivilisierten Staaten mit Ermittlungsrichtern - keine unabhängigen Ermittler, sondern weisungsgebundene Beamte. Sie können angewiesen werden, Ermittlungen zu führen oder zu unterlassen. Ggf. kann ihnen auch die Art der Ermittlungen vorgeschrieben werden. Da sich ein großer Teil der Gesundheitseinrichtungen - insbesondere der Kliniken - in staatlicher Trägerschaft von Bund, Ländern und Kommunen befindet, hat der Staat natürlich kein Interesse daran, faktisch gegen sich selbst vorzugehen und Straftaten in seinen Institutionen aufzudecken.
Die Ermittlungstätigkeit der Staatsanwälte bei „Kunstfehlern“ ist auch danach. Bei allen unten genannten Patiententötungen hat sich die Staatsanwaltschaft so verhalten wie der berühmte Jagdhund, den man zur Jagd tragen muß und ließ sich von der Universitätsklinik gern „an der Nase herumführen“, weil dann eine rasche Verfahrenseinstellung möglich war:
Die Staatsanwälte übernahmen selbst die absurdesten Behauptungen der Gutachter, um die Strafverfahren einstellen zu können. Die Staatsanwaltschaft geriert sich gern als „objektivste Behörde der Welt“. Es darf gelacht werden. Einige Beispiele staatsanwaltschaftlicher „Objektivität“ werden nachfolgend aufgeführt:
- Tod durch Erstickung
- Tod durch Sepsis
- Tod durch Erdrosselung
- Tod durch Verblutung
- Tod durch Fehltransfusion
- Tod durch Überlastung
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