8. Medizinerausbildung zur Partnerschaft mit Patienten

Bezeichnenderweise fängt das Medizinstudium nicht mit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Medizinbetrieb sondern mit der Zergliederung von Leichen an. Der angehende Arzt soll sein späteres "Objekt" als Ansammlung von Or­ganen begreifen, an denen es entsprechende "Reparaturen" auszuführen gilt. Der Patient ist bei dieser Sicht nicht eigene Rechtspersönlichkeit, son­dern Gegenstand ärztlicher Tätigkeit und "wissenschaftlicher" Forschungen. Psychosomatische und gesellschaftliche Bezüge der Erkrankungen werden ebenso wie gesundheitspolitische, organisatorische und strukturelle Probleme unseres Gesundheitswesens ausgeblendet.

Den Medizinstudenten wird die Illusion einer heilen Welt der Medizin vorgegaukelt, die in Vergangenheit und Gegenwart über jede Kritik erhaben sei. Sie sollen sich als Rädchen in den Medizinbetrieb einfügen und vom vielfältigen Versagen der modernen Medizin abgelenkt werden. Nach dieser Ausbildung zu „fungiblen Fachidioten“ stehen auch sie den Problemen unseres Gesundheitswesens hilflos gegenüber.

Selbst die unmittelbare Vermittlung des medizinischen Fachwissens erfolgt weitgehend unsachgemäß. Was die Studenten während des theorielastigen Studiums erlernen, ist vielfach in der Klinik unbrauchbar und was sie als Assistenzärzte im Krankenhaus lernen, ist vielfach für ihre spätere Praxis als niedergelassener Arzt unbrauchbar.

In ungebrochener Tradition wird desweiteren auch heute noch in der Medizin ein Kadavergehorsam und Corpsgeist gepflegt, der die spätere "Verschwörung des Schweigens" bei ärztlichen Behandlungsfehlern zum Nachteil von Patienten vor­bereitet und die Aufdeckung von „Kunstfehlern“ so schwierig macht.

Gegen derartige Mißstände in der Medizinerausbildung wen­den sich unterstüt­zenswerte Pläne zur Reform des Medizinstudiums, bei denen die gesellschaftliche Verant­wortung und der Pra­xisbezug der Me­dizinerausbildung im Vordergrund steht, damit die künftigen Ärzte lernen, Menschenwürde und Lebensrecht eines jeden Patienten zu achten. Bereits im Studium müssen die hier aufgezeigten Probleme unseres Gesundheitswesens im Sinne einer kritischen Wissenschaft vermittelt werden, damit keine vom Standesdünkel geplagten „Fachidioten“ sondern verantwortungsbewußte ärztliche Staatbürger mit den Kenntnissen und dem Willen zur Veränderung bestehender Mißstände herangebildet werden.

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